Carole Egger ist Leiterin Productized Services bei der Unternehmensberatung Korn Ferry Hay Group in der Schweiz.
«Automatisierte Methoden wie Killerfragen sichern Gleichbehandlung der Bewerber:innen.»
Carole Egger, Leiterin Productized Services, Hay Group
Ihre Recruiting-Studie zeigt, dass die Bewerber:innen-Auswahl immer mehr Unternehmen schwerfällt. Was für Konsequenzen kann das längerfristig haben?
Grosse Unternehmen haben nach unserer Analyse häufig mit einer Bewerbungsflut zu kämpfen und stehen vor der Herausforderung, dabei nicht die falschen Entscheidungen zu treffen. Nur wer die passenden Prozesse hat, die Masse an Bewerbungen zu bearbeiten, wird es schaffen, die richtigen Kandidat:innen wie eine Stecknadel im Heuhaufen zu finden. Häufig jedoch werden Stellen mit Personen besetzt, die dafür nicht optimal geeignet sind. Diese Fehlentscheidungen kommen die Unternehmen teuer zu stehen – mehr als 6,000 Euro kostet durchschnittlich eine Neubesetzung. Neben höheren Rekrutierungskosten steigt in diesen Fällen häufig auch die Mitarbeitendenfluktuation. Dies wirkt sich wiederum negativ auf die Motivation des verbleibenden Personals im Unternehmen aus. Zudem schreiben die Mitarbeiter:innen, die kündigen, immer öfter über ihre Enttäuschung in sozialen Netzwerken und schädigen so die Marke des ehemaligen Arbeitgebers. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben dagegen ein ganz anderes Problem. Sie erhalten meist zu wenige Bewerbungen. Ihnen fällt es schwer, genügend geeignete Bewerber:innen auf sich aufmerksam zu machen. Für diese Unternehmen ist es für ihren künftigen Erfolg aber entscheidend, weiterhin qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen. Gelingt ihnen dies nicht, steht langfristig ihre Existenz auf dem Spiel.
Wie könnte man die Selektion verbessern oder gar teilautomatisieren?
Sinnvoll ist eine Kombination der unterschiedlichen Verfahren zu einem effizienten und effektiven Prozess. Unserer Meinung nach gibt es hier noch deutliches Optimierungspotenzial in vielen Unternehmen. Vor allem am Anfang bieten sich automatisierte Methoden wie Killerfragen und psychometrische Verfahren an, welche die schnelle Bearbeitung, automatisiertes Feedback für die Kandidat:innen und eine Gleichbehandlung der Bewerber:innen gewährleisten. Um Ressourcen sinnvoll einzusetzen, empfehlen wir, aufwändige Verfahren wie strukturierte Interviews, Case Studies und Assessment-Center erst nach einem gründlichen Screening-Prozess bei einem kleinen Kreis von Bewerbenden einzusetzen.
Warum setzen immer noch so viele Unternehmen auf traditionelle statt automatisierte Bewerbungsverfahren?
Es fehlt das Know-how zu automatisierten Verfahren. Daraus resultiert oftmals eine skeptische Grundhaltung gegenüber automatischen Verfahren. Zum einen können Entscheider es als Verlust von Entscheidungsspielraum und Kontrolle empfinden, wenn das Verfahren «entscheidet», wer zum Interview eingeladen wird. Zum anderen hat HR Angst vor Kompetenzverlust und Deutungshoheit. Dabei sind zum Beispiel in Skandinavien und im gesamten angelsächsischen Raum eignungsdiagnostische Instrumente im Auswahlverfahren viel verbreiteter und werden folglich von Kandidaten als «normal» angesehen. Wenn die Stärken solcher Verfahren, zum Beispiel Objektivität und Gleichbehandlung, erstmal erkannt werden, liegen die Vorteile auf der Hand: Subjektive Entscheidungen von den am Auswahlprozess Beteiligten werden ergänzt, in dem man Kandidat:innen auf faire Weise vergleichbar macht. Und HR hat ein Instrument an der Hand, mit dem man sich sehr gut als Business Partner etablieren kann.
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